Zweiter Fachtag: "Kita professionell weiter denken
- der Blick in die Zukunft" am 12.04.2024


14.02.2024. Am 12. April 2024 fand dieser erneut im Bildungszentrum in Reinfeld von 9.00-16.00 Uhr statt. Nachdem wir uns im letzten Jahr intensiv mit dem Kita-Gesetz auseinander gesetzt haben und damit die Strukturqualität als wichtige Einflussgröße auf die Prozessqualität der Arbeit jeder Kita setzten, ging es in diesem Jahr um die so oft von der Wissenschaft als mangelhaft dargestellte Anregungsqualität.

Der Fachtag beschäftigte sich mit den Themen "Kindliche Interessen entdecken und fördern" und "Verstehen für die Zukunft". Die zugesagten Fachvorträge von Prof. Dr. Michael Lichtblau und Prof. Dr. Hendrik Lohse-Bossenz waren eine Bereicherung für unseren Fachtag.

Am Nachmittag des Fachtages wurde eine vertiefende und fachbezogene Diskussion in vier Workshops durchgeführt.




Fachvorträge vom zweiten Fachtag: "Kita professionell weiter denken
- der Blick in die Zukunft" am 12.04.2024


von Prof. Dr. Michael Lichtblau


von Prof. Dr. Hendrik Lohse-Bossenz


Die Videos zu den Fachvorträgen werden in den kommenden Tagen ebenfalls mit online gestellt.




Rückblick: Fachtag "Frühe Bildung" 2023


Ergebnissen der Umfrage in Kitas in S-H
Ergebnisse der Kita-Umfrage in Kitas in S-H 2023.pdf (637.91KB)
Ergebnissen der Umfrage in Kitas in S-H
Ergebnisse der Kita-Umfrage in Kitas in S-H 2023.pdf (637.91KB)

Ein Dank gilt der Sparkassenstiftung Stormarn, die sich finanziell an der Ausrichtung des Fachtages beteiligt.

Hier ein Einblick in die Themen des letzten Fachtages:

Fachvortrag Prof. Dr. Becker-Stoll


Ergebnispräsentation Kita Umfrage 2023

Fachvortrag Prof. Dr. Viernickel


Workshop "Offenes Konzept" Kita Flensburg"


Punktepapier im Überblick als Ergebnis des Fachtages 2023:

Die Ausfallquote ist im SQKM nicht auskömmlich kalkuliert

Begründung:  Im SQKM sind derzeit 30 Tage (10 Tage für Urlaub, 5 Tage für Fortbildungen und 15 Tage für Krankheit) im Jahr für die Ausfallquote für jedes Vollzeitäquivalent kalkuliert. Wir verweisen auf die aktuellen Krankenstände. In dieser Kalkulation fehlen die gestiegenen Kind-krank-Zeiten, die zunehmend längeren physischen und psychischen Erkrankungen von Fachkräften nach Corona sowie der nicht berücksichtigte Ausfall von Fachkräften bei einem sofortigen Beschäftigungsverbot. Hier ist mindestens eine Verdopplung der krankheitsbedingten Ausfallquoten erforderlich, um täglich ausreichend Betreuungsstunden vorhalten zu können und keine Gruppen schließen zu müssen. Auch sollten für Fachkräfte, die in Krippen arbeiten, höhere Ausfallquoten angesetzt werden, da diese durch die Altersgruppe der Kinder und die körperlich engen Kontakte häufig anfälliger für Infekte und physische Erkrankungen sind als andere Personengruppen.

 

Die mittelbare pädagogischen Arbeitszeit müsste auf 12h/Gruppe erhöht werden (von derzeit 7,8h)

Begründung: Die 7,8h gelten für jede Gruppe, egal ob diese für 5 oder 10h täglich geöffnet ist. Manchmal teilen sich dadurch bis zu 4 Fachkräfte diese 7,8h (wenn sie zum Beispiel in Teilzeit arbeiten, was oft üblich ist). Herunter gebrochen auf vier Fachkräfte bleiben für jede maximal 2h/Woche für ihre gesamte mittelbare Arbeit (Beobachtung und Dokumentation, Elterngespräche, Planung der päd. Arbeit usw.). Darüber hinaus haben sich die Ansprüche an die inhaltliche Arbeit mit den Kindern nach Corona potenziert. Nur selten stehen derzeit noch passende Frühförderangebote für Kinder mit Verhaltensauffälligkeiten zur Verfügung, so dass sie zunehmend in den Gruppen verbleiben und die täglichen Anforderungen sich zusätzlich erhöhen. Hinzu kommen die Kinder aus armen Familien, die durch die Not der Eltern häufig eine geringere Bindungsqualität erfahren. Hier muss die Kita verstärkt ausgleichen. Eine Erhöhung der mittelbaren pädagogischen Arbeitszeit bleibt damit als Folge der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung durch Krieg, Energieverknappung und steigender Inflationsrate als notwendige Einflussgröße bestehen. Sie hat einen wesentlichen Einfluss auf die Prozessqualität der Arbeit mit den Kindern. Wenn wenig Zeit für die Vor- oder Nachbereitung der täglichen Arbeit besteht, sinkt die Qualität durch eine verminderte Reflexion und die Zunahme von intuitiv gesteuerten Handlungsprozessen.


Wochenbetreuungsstunden als feste Bezugsgröße zum Nachweis der Einhaltung der unmittelbaren pädagogischen Arbeitszeit

(In §26 Abs 1 KiTaG heißt es dazu: In der direkten Arbeit mit den Kindern müssen stets mindestens…und in Abs. 2 KiTaG: „..auf geeignete Weise täglich festzuhalten“)

Begründung: Das Personal muss so einsetzbar sein, wie es im Arbeitsfeld benötigt wird. Eine Dokumentation der Wochenbetreuungsstunden sollte wie nach dem alten KitaG auskömmlich sein, um in besonders anstrengenden Zeiten (z.B. Eingewöhnungen) auch drei Fachkräfte am Vormittag einsetzen zu können. Somit könnte die Flexibilität erhalten bleiben und die Autonomie der Leitungskräfte durch eine passgenaue Personalplanung gestärkt werden. Eine stetige Dokumentation der Einhaltung des Betreuungsschlüssels gewährleistet lediglich einen bürokratischen Akt der Kontrolle. „Der Gesetzgeber betrachtet die Festlegung und Einhaltung des Betreuungsschlüssels als einen zentralen Qualitätsindikator für die Qualität der Betreuungsleistungen in einer Kindertageseinrichtung“ (Nebendahl, 2022). Sie garantiert jedoch keine hohe Prozessqualität, da allein die Anwesenheit von zwei Fachkräften in einer Gruppe kein Garant für eine hohe pädagogische Qualität darstellt. Hier gibt es andere Möglichkeiten, wie z.B. die mittelbare pädagogische Arbeitszeit von Fachkräften oder Zeit und finanzielle Förderung qualitativ hochwertiger Supervision oder Fallberatung.

Fraglich bleibt an der Stelle auch, inwieweit diese Überwachung tatsächlich alltagstauglich ist, wenn Träger durch Rückzahlungsforderungen am Ende in die Insolvenz gehen und die Betreuungsbedarfe nicht mehr bedient werden können.

 

Für eingruppige Einrichtungen und Naturgruppen müssen Sonderlösungen gefunden werden

Begründung: Den Naturgruppen ist es gesetzlich untersagt, bei Personalmangel kleine oder mittlere Gruppen zu bilden (§ 25 Abs 9 KitaG). Um bei Krankheit, Kind krank, Beschäftigungsverbot oder Kündigung diese Gruppe nicht schließen zu müssen, müssten die Ausfallzeiten erhöht werden. Ebenso verhält es sich mit den eingruppigen Einrichtungen. Naturgruppen und auch eingruppige Einrichtungen haben in Schleswig-Holstein eine besondere Tradition. Sie ergänzen in sinnvoller Weise die Trägervielfalt und ermöglichen Eltern und Kindern, individuelle Angebote anzunehmen. Aus einer kommunalen Perspektive bilden sie kostengünstige Modelle, um den Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz niedrigschwellig zu erfüllen. Mit den aktuellen gesetzlichen Vorgaben müssten die eingruppigen Einrichtungen und Naturgruppen jedoch jedes Mal schließen, wenn der Betreuungsschlüssel durch den Ausfall von Fachkräften nicht eingehalten werden kann. Auch diese Vorgabe kann im Rahmen der Budgetierung ab 2025 zu unnötigen Insolvenzen führen, wenn es durch die Überschreitung der 15%-Rahmung (§35 Abs. 4 KiTaG) zu Rückforderungen der SQKM-Mittel kommt.

 

Helfende Hände

Begründung: Das Kita-Arbeitsfeld unterliegt einer großen Fluktuation. Diese kann nur gestoppt werden, wenn es gelingt, die Fachkräfte spürbar zu entlasten. Die helfenden Hände sollten daher nicht nur zum Einsatz kommen, wenn der Betreuungsschlüssel für einen bestimmten Zeitraum in der Regelgruppe auf 1,5 heruntergesetzt wird. Sollen Quereinsteiger für das Arbeitsfeld Kita begeistert werden, bedarf es eines attraktiven Arbeitsplatzes, der das subjektive Interesse weckt. Unsicherheit durch die befristeten Stellen und einen ständigen Wechsel zwischen Trägern kann dieses Interesse schmälern.


Wochenbetreuungsstunden als feste Bezugsgröße zum Nachweis der Einhaltung der unmittelbaren pädagogischen Arbeitszeit

Begründung:

 1: In § 24 Abs. 1 KitaG wird die Verpflichtung für Kitas ab 3 Gruppen formuliert, einen Praktikumsplatz anzubieten und „eine angemessene Begleitung sicher zu stellen“ Dabei bezieht sich nach Aussagen von Nebendahl (2022) die angemessene Begleitung zwar auf eine regelhafte Unterstützung im Gruppenbetrieb, was jedoch in der Praxis so den Anforderungen nicht entspricht. Neben erklärenden Hilfestellungen sind regelmäßige gemeinsame Reflexionen notwendig, um einen professionellen Habitus anzubahnen, der Handlungsstrukturen entwickelt, die einen längeren Verbleib im Praxisfeld ermöglicht.

2: Der Gruppenfördersatz setzt sich zusammen aus dem Personalkostenanteil und dem Sachkostenanteil reduziert um die Einnahmen aus Elternbeiträgen. Im Personalkostenanteil sind neben den Gehältern der Fachkräfte lediglich die Ausfallzeiten und die Mindestverfügungszeiten enthalten, nicht jedoch Sonderaufgaben und Fortbildungsgelder. Auch Fachberatungsstunden und die Kosten für QM sind dort nicht erfasst. Somit kann es in Kitas mit einer älteren Mitarbeiterschaft dazu führen, dass diese keine Mittel für Sonderaufgaben und Supervision zur Verfügung haben, da ihre realen Personalausgaben bereits das Budget übersteigen.

 

Die Leitungsstunden sind mit 7,8h derzeit nicht auskömmlich

Begründung: In der FifF-Studie (2023) wurde für S-H sichtbar, dass die Leitungskräfte immer noch bei Personalmangel in die unmittelbare pädagogische Arbeit wechseln, um die Kitagruppen nicht schließen oder die Öffnungszeiten reduzieren zu müssen. 160 (41%) Kita-Leitungen gaben an, dass sie in der Regel trotz Vollfreistellung als Leitung sich gelegentlich in den Gruppenbetrieb mit einplanen, um keine Gruppen zu schließen oder zusammenlegen zu müssen. 101 (25%) Leitungskräfte in Teilfreistellung verplanen ihre Leitungsstunden überwiegend für den Gruppenbetrieb und erledigen die Büroarbeit in den Randzeiten.  Lediglich 11 (2,8%) Kita-Leitungen gaben an, dass sie unabhängig ob Teil- oder Vollfreistellung sie ihre Leitungsstunden grundsätzlich nicht für den Gruppenbetrieb einplanen (FifF gGmbH, 2023).

 

Leitungskräfte haben damit weniger Zeit für dringend notwendige Teamentwicklungsaufgaben, um der Fluktuation im Team entgegenzuwirken. Sie setzen ihre Priorität auf die Aufrechterhaltung des Kita-Betriebes und weniger auf die Erfüllung wichtiger Steuerungsaufgaben. Weitere Ergebnisse der Umfrage in S-H belegen, dass die Überstunden in den Kitas ein Rekordhoch erreicht haben. Insgesamt wurden bei den 393 ausgewerteten Umfragen 68.618,6 Überstunden für das Jahr 2022 erfasst. Das wären 174,6h für jede der 393 Kitas. Damit kompensieren die Fachkräfte bereits jetzt eine Vollzeitkräfte für viereinhalb Wochen für jede dieser Kitas oder anders formuliert 40 Vollzeitkräfte für die 393 Kitas für ein Jahr (FifF gGmbH, 2023).  Sichtbar wird daran, wodurch die massive Überlastung im Arbeitsfeld empfunden wird. Zusätzliche Leitungsstunden könnten für wichtige Steuerungsaufgaben z.B. in der Personalentwicklung Entlastung schaffen.

 

Entlastung von Kita-Teams und Leitungen durch fest angestellte Hausmeister, Bürokräfte und Küchenfachkräfte

Begründung: Die Umlegung der Kosten für die Küchenkräfte führt in vielen Kitas zu unnötigen Diskussionen. Viele Eltern zahlen inzwischen Mittagessenbeiträge in Höhe von monatlich 100€. Ausfallzeiten für die Küchenfachkräfte werden schon jetzt überwiegend nicht auf die Eltern umgelegt. So müssen auch weiterhin bei Krankheit der Küchenkräfte die pädagogischen Fachkräfte in der Küche aushelfen und stehen während dieser Zeit nicht der unmittelbaren pädagogischen Arbeit zur Verfügung. Ähnlich verhält es sich mit den Hausmeistern. Eltern sind durch die eigene berufliche Tätigkeit nicht mehr bereit, kleinere Reparaturarbeiten oder Ausbesserungen in ihrer Freizeit zu übernehmen. Vieles bleibt daher liegen und kann nicht repariert werden. Durch das geringe Budget für Neuanschaffungen (§ 38 Abs. 3 KitaG: „einem Sachkostenzuschlag von 12,72€ pro Platz…“) und Ausstattungsgegenständen müssen viele Materialien und Möbel langfristig erhalten werden. Feste Stunden für die Hausmeister je nach Gruppengröße bilden eine verbindliche Planungsgröße und entlasten die Teams und Leitungen vor Ort durch die Übernahme von Koordinationsaufgaben bei Reparaturen und Vergabeverfahren. Der Sachkostenanteil, der sich aus Gemeinkosten (Kosten für die Verwaltungsaufgaben usw.), Sachkostenbasiswert (Nebenkosten für Gebäude, Energie usw.) und Sachkosten (Möbel, Spiel- und Beschäftigungsmaterial) zusammensetzt kann vor diesem Hintergrund nicht auskömmlich sein. Zu erbringende Leistungen der Instandhaltung durch Hausmeisterstunden oder auch die gesetzliche geforderten Sicherheitsbeauftragten lassen sich in keiner Position wiederfinden.

 

Im Kita-G sind weiterhin erste und zweite Fachkräfte je zur Hälfte für die Erfüllung der unmittelbaren pädagogischen Arbeit vorgesehen. Das entspricht jedoch nicht dem momentanen Fachkräfteangebot in den Kitas


Begründung: Die Ausbildungsbedingungen mit PIA und der praxisbegleitenden Ausbildung zielen derzeit überwiegend auf die Staatlich-anerkannten Erzieher-Ausbildungen, nicht jedoch auf die Ausbildung von Zweitkräften, wie Sozialpädagogische Assistent:innen oder Sozialassistent:innen. Ausgebildete Zweitkräfte wechseln überwiegend in die Weiterqualifizierung zur Staatlich anerkannten Erzieher:in und verbleiben damit weitere Jahre anteilig in der Ausbildung. Damit entsteht ein Defizit an Zweitkräften für die Besetzung offener Stellen entsprechend der gesetzlichen Vorgaben. Zunehmend werden staatlich Anerkannte Erzieher:innen auch als Zweitkräfte eingestellt, was mit der SQKM Finanzierung in Zukunft nicht auskömmlich sein wird. Auch erhalten Auszubildende für die Ausbildung an einer Berufsfachschule (als Zweitkraft) keine finanzielle Unterstützung (max. beim Anspruch auf BAFöG).

FSJler und BFDler wieder in die Kitas

Begründung: Im KiTaG sind in der Finanzierung keine FSJler und BFDler mehr vorgesehen. Sie gelten als Zusatzleistungen und werden damit über das SQKM nicht weiter finanziert. Daher haben viele Gemeinden und Kommunen diese Leistungen nicht mehr in ihre Finanzierungsvereinbarung aufgenommen. Diese Zusatzkräfte fehlen nicht nur in der Praxis, sondern gehen dem Arbeitsfeld auch als Interessenten verloren und orientieren sich in andere Arbeitsfelder. Eine Reduzierung der Nachfrage nach Ausbildungsplätzen können wir uns derzeit aber nicht leisten, denn der Rechtsanspruch für die Ganztagsschulen steht ebenfalls zeitnah an und fordert weitere Fachkräfte.